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Eine der frühen Zivilisationen Griechenlands und Europas steht, ab Februar 2015 in der Achäologischen Staatssammlung München, im Mittelpunkt: Die Sonderausstellung „Kykladen – Frühe Kunst der Ägäis“ ist noch bis 7. Juli 2015 zu sehen. In der Ausstellung entfaltet sich eine archaische, rätselhafte und faszinierende Inselwelt. Vor 5000 Jahren entstanden auf den Inseln zwischen Europa und Kleinasien in Keramik und Marmor hoch entwickelte Idole und Metallobjekte.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts faszinierte besonders die klare Formensprache der Figuren und weckte das Interesse von Künstlern der Moderne wie Pablo Picasso, Henry Moore oder auch Hans Arp. Ihre Nachfolger beschäftigen sich bis in unsere Tage mit kykladischer Kunst und schöpfen daraus immer neue Ideen, den menschlichen Körper in einfachsten Formen darzustellen.
Ein neues Zeitalter – Die Bronzezeit
Diese Figuren stehen jedoch für mehr – sie sind Zeugen einer hoch entwickelten Kultur, die den Beginn eines neuen Zeitalters markierte: Der Bronzezeit. Der Name „Kykladen“ geht auf das griechische Wort „kyklos“ für Kreis, zurück. Die Inseln sind kreisförmig um die heilige Insel Delos angeordnet. Tiefblau wie seit Jahrtausenden glitzert das Wasser der Kykladen – damals wie heute bestimmt das Meer den Lebensrhythmus der Menschen. Neben den Ressoursen des Meeres, gehörten wichtige Rohstoffe, Gesteine und wertvolle Erze, zum Reichtum dieser Inseln in der Ägais.
Ab 3000 v. Chr. begann eine Entwicklung, die schließlich auf den gesamten europäischen Raum wirkte. Neben den Waffen und Werkzeugen aus dem neuen Material Bronze, gab es weitere technische Neuerungen. So bauten die Bewohner der Kykladen seetüchtige Schiffe, die es ermöglichten, Rohstoffe und Waren zu tauschen und Handel von der kleinasiatischen Küste bis nach Kreta zu treiben. Das machte die Inselgruppe zur Drehscheibe im östlichen Mittelmeer.
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Bunt bemalte Steinidole
Das heutige Aussehen der Kykladenfiguren weckt falsche Vorstellungen, denn die Idole waren urspünglich nicht marmorweiß, sondern wurden bunt bemalt. Die Farbspuren reichen dabei von Details wie Augen, über Linien und Punkte, die Schmuck oder Körperbemalung darstellen. Zum Teil waren die Bemalungen mehrfach verändert oder erneuert worden. Dies wirft auch ein Licht auf die Verwendung der Figuren: Forscher deuten die Idole als Kultobjekte, die als Mittler zwischen der realen und der spirituellen Welt dienten.
Rundgang durch die Ausstellung
Die sehenswerte und schön inszenierte Sonderausstellung in München ist mit vier Räumen nicht besonders groß. Durch die übersichtliche und klare Gliederung gelingt es dennoch, die Besucher um 5000 Jahre zurück in die Bronzezeit zu leiten.
Im ersten großen Raum wird den eindrucksvollen Ausstellungobjekten angenehm viel Platz gelassen. Die Einführungstexte auf den Tafeln sind nicht zu lang und gut lesbar. Eine Wandgrafik zeigt den historischen Aufriss, vergleicht die unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Kultur auf den Kykladen mit den zeitgleichen Hochkulturen der Bronzezeit. Die Menschen der Kykladenkultur waren Zeitgenossen der Erbauer der Pyramiden im Alten Ägypten.
Daneben in einem Schaukasten die außergewöhnlich gut erhaltene frühkykladische Idolgruppe aus zwei männlichen Figuren, die eine weibliche tragen. Ein einzigartiger Fund, über deren Bedeutung die Forscher noch immer rätseln. Für uns das schönste Stück der Ausstellung.
Das Holzmodell der Festung Kastri, auf der Insel Syros, mit Mauerringen um die Siedlung zeigt deutlich: Es war nicht immer friedlich. Auch damals mussten sich die Menschen schützen und verteidigen. Die Mitte des Raumes bekleidet ein wunderschöner großer kreisförmiger Teppich der die Kykladen in der Ägäis darstellt.
Mit Langbooten durch die Ägäis
Faszinierend ist das Schiffsmodell: Ein schmales Langboot, ohne Segel, das Platz für etwa vierzig Ruderer in zwei Reihen hatte. Große Mannschaften zu rekrutieren, setzte eine hoch entwickelte Organisation voraus. Die Bewohner der Kykladen mussten bereits Seefahrer und Nautiker gewesen sein, schon bevor sie Inseln besiedelten.
Und sie waren Händler, tauschten mit den Mittelmeervölkern ihre Waren und innovative Ideen aus. Verschiedene Alltagsgegenstände wie Werkzeuge aus Bronze und vor allem die Prunkgefäße aus Marmor zeugen von der hohen Handwerkskunst.
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Steinidole seit der Jungsteinzeit
Im folgenden Raum wird die Entwicklung der Figuren in ihrer Vielfältigkeit der Formen und in den verschiedenen Zeiträumen ihrer Weiterentwicklung dargestellt. Die ältesten Idole gehören noch in die Jungsteinzeit. Sie lagen meist Gräbern bei, dienten also kultischen Zwecken. Der Reiz liegt in der Abstraktionsstufe, die eben noch die menschliche Gestalt erkennen lässt.
Aus den Pigmentspuren an den Figuren ist mittlerweile bekannt: Die Idole wurden bunt gemalt. Je nach Anlass, wurden die Figuren übermalt und veränderten ihr Aussehen. Der Sinn lag vermutlich darin, sich mittels der Figuren göttlichen Beistand in bestimmten Lebenslagen zu sichern. Dazu gibt es in der Ausstellung eine informative Bildschirm-Projektion.
Musik mit Harfen und Flöten
Der letzte Raum zeigt in einem der Schaukästen drei Musiker. Zwei sitzen auf Hockern und spielen dreieckige Harfen. Die dritte Figur ist stehender Musikant, der eine Syrinx (Panflöte) spielt. Wie diese Musik wohl klang? Eine sehr gut erhaltene weibliche Statuette, mit deutlichen Resten der Bemalung, steht auf einer sich drehenden Scheibe, so kann sie gut von allen Seiten betrachtet werden.
Ein Stück des Rätsels der Idole bleibt uns auch nach Besuch der Ausstellung erhalten: Warum ging die Kultur nach dem bronzezeitlichen Aufschwung wieder unter? Dieses Thema wird noch immer von den Forschern diskutiert. Eines ist die Kykladenkultur sicherlich: Drehscheibe zwischen griechischem Festland, Kreta und Anatolien und somit ein Kapitel zum Beginn der europäischen Geschichte.
Es geht der Sonderausstellung „Kykladen – Frühe Kunst der Ägais“ nicht darum, diese Kunst um ihrer selbst willen zu zeigen, was durchaus verständlich wäre angesichts der geheimnisvollen Anmut der Marmorfiguren. Hier wird versucht das Leben der damaligen Zeit ergründen und für die Besucher zugänglich zu machen.
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Öffnungszeiten & Preise: Wiedereröffnung erst 2020
Die Dauerausstellung der Archäologischen Staatssammlung in München ist seit dem 1. August 2016 wegen einer umfangreichen Generalsanierung geschlossen. Die Wiedereröffnung des Museums ist voraussichtlich 2020.
- Öffnungszeiten & Eintrittspreise: Dienstag bis Sonntag 9.30 bis 17 Uhr
- Sonderausstellungen: Erwachsene: 5,50 Euro, Ermäßigt: 4,50 Euro, Kinder 6-18 Jahre/Schüler/Studenten: 1 Euro, Familien (2 Erw., max. 4 Kinder) 10 Euro
- Adresse: Archäologische Staatssammlung, Lerchenfeldstraße 2, 80538 München
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 9.30 bis 17 Uhr - Website: www.archaeologie-bayern.de
Im Museumsshop wird eine empfehlenswerte, reich bebilderte Begleitbroschüre zur Sonderausstellung angeboten. Außerdem Begleitliteratur zu den Ausstellungen, Souvenirs, Postkarten. Im Museumscafe Kaffee, Kuchen und Getränke.
Info: Die Archäologische Staatssammlung München hat für die Sonderausstellung „Kykladen – Frühe Kunst der Ägais“ eine vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe konzipierte Schau aufgegriffen.
Nikos Kazantzakis über die Kykladen
… Ich fuhr mit einem Segelfrachter, der die anmutigen Insel der Ägäis – Santorin, Naxos, Paros, Mykonos – anlief … eine der größten Freuden, deren der Mensch auf dieser Welt gewürdigt werden kann, ist die Ägäis zu bereisen im Frühling, umhaucht von der leichten Brise; ich habe mir das Paradies niemals anders vorstellen können …“
Ausschnitt aus dem Buch „Im Zauber der griechischen Landschaft“, von Nikos Kazantzakis, 1966, Kapitel: Die Ägäischen Inseln.
Alle Fotos der Sonderausstellung © Monika Hoffmann.
Mit freundlicher Genehmigung der Archäologischen Staatssammlung, München.
Ich bin – zusammen mit einigen Freunden – an der Konservatorenführung am So., den 9. Mai 2105 interessiert. Betrifft die Führung die Kykladenausstellung? Das geht aus der Internetseite nicht so eindeutig hervor!
MfG Theodor Pater
Hallo Theodor, ich bin mit ziemlich sicher, dass die Führung die Kykladenausstellung betrifft. Die Infoseite der Archäologischen Staatssammlung gibt dazu auch noch einmal Auskunft. Im Zweifelsfall evtl. einfach anrufen (089 – 2112402). Viele Grüße, Monika