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Die Region zwischen Ammer- und Starnberger See, südwestlich von München, ist landschaftlich besonders schön und kann sicherlich als Vorzeige-Bayern bezeichnet werden. Hier finden Wanderer, Kultur- Natur- und Pflanzenliebhaber eine wunderbar strukturierte Landschaft mit sanft geschwungenen Hügeln, mehreren Seen und schönen Dörfern: Bayern wie im Bilderbuch!
Unmittelbar nach der Schneeschmelze im Frühjahr ist ein Besuch des Trockenbiotops auf dem Hirschberg für Freunde botanischer Kostbarkeiten ein besonderes Erlebnis. Der Hirschberg liegt aussichtsreich beim hübschen Dorf Pähl am Südende des Ammersees und kann während eines gemütlichen Spaziergangs erkundet werden.
Dann blühen auf den Trockenrasen des Flora-Fauna-Habitats am Hirschberg die ersten violetten Blüten der seltenen Küchenschelle (Pulsatilla vugaris). Küchenschellen wanderten während der Eiszeit aus den östlichen Steppen ein. Ihre Blütezeit dauert von Anfang/Mitte März bis Ende April/Anfang Mai.
Die Küchenschelle wird mit Blüte ungefähr zwanzig Zentimeter hoch. Die glockigen Blüten hängen einzeln an den leicht bogigen Stengeln. Die Blätter tragen eine flauschige, graufilzige Behaarung und erreichen etwa fünf Zentimeter Höhe. Sie Pflanzen haben durch die Behaarung einen wirksamen Verdunstungsschutz und sind perfekt an trockene Standorte angepasst.
Küchenschellen reagieren empfindlich auf Düngung und haben auf den an den Hirschberg angrenzenden Futterwiesen keinerlei Überlebenschance. Küchenschellen sind in ihren Beständen stark gefährdet, in anderen Bundesländern sogar vom Aussterben bedroht.
Wie wenig Lärm machen doch die wirklichen Wunder dieser Welt –
die Sonne, der Mond, die Sterne, die Bäume, die Blumen, die Kinder,
ihr Lächeln dieses Konzert der kleinen Dinge.“Antoine de St. Exupéry
Woher kommt der seltsame Name? Die Küchenschelle hieß ursprünglich Kühchen-Schelle, einer Verniedlichungsform von Kuhschelle. Der Name Kuhschelle kommt daher, dass die Form der halb geöffneten Blüte einer Kuhglocke ähnelt. Auch ihr wissenschaftlicher Name Pulsatilla leitet sich von dem lateinischen Wort pulsare, für schlagen oder läuten ab.
Vorsicht: Das in allen Pflanzenteilen der Küchenschelle enthaltene Protoanemonium ist sehr giftig. Getrocknet verliert die Pflanze ihre giftige Wirkung. Küchenschellen sind bekannte Heilpflanzen, schon in der Antike und im Mittelalter wurde sie angewendet. Die enthaltenden Inhaltsstoffe weisen antibiotische und fiebersenkende Eigenschaften auf.
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Rundweg um den Hirschberg
Oberhalb der Ortschaft Pähl beginnt unser botanischer Spaziergang auf den Hirschberg – am Parkplatz unterhalb der Hirschberg-Alm. Der Parkplatz liegt direkt neben der Bundesstraße B 2, die von Starnberg kommend weiter nach Weilheim und Garmisch-Partenkirchen führt.
Vom Parkplatz geht ein kurzer Pfad am Bergkamm entlang zum schnell erreichten Gipfelkreuz des Hirschbergs, mit mehreren Ruhebänken. Im März 2017 haben wir die ersten Küchenschellen am Hirschberg nicht am Gipfel sondern am Ende des Steilhangs, unterhalb des Haupthügels entdeckt.
Wer den Pfad zum Gipfelkreuz meiden möchte, auch um die empfindlichen Wiesen zu schützen, kann eine zweite Aufstiegsmöglichkeit nutzen. Diese beginnt am rechten Ende des Parkplatzes und führt unterhalb den Haupthügels entlang. Geht dann in einer weiten Schleife um den Hirschberg herum, um am Ende auch den Gipfel zu erreichen. Bitte nicht in die Wiesen hineingehen!
Vom Hirschberg-Gipfel bietet sich ein fantastisches Panorama auf das Ammertal, Weilheim, Karwendel, Zugspitze und die Bayerische Alpenkette. Bei Föhn reicht die Fernsicht bis in die Allgäuer Alpen. Ein Besuch am Hirschberg lohnt aber nicht nur im zeitigen Frühjahr. Von Frühling bis Herbst entfaltet sich an seinen Hängen eine wahre Blütenpracht aus unzähligen Pflanzenarten.
Es ist das ganze Jahr über ein Erlebnis durch diese blühenden Wiesen zu streifen, auch wenn das Biotop nicht sehr groß ist. Die beste Zeit ist von März bis September. Hier eine Auswahl seiner Pflanzen-Raritäten: Frühlings-Enzian, Salomonssiegel, Kugelige Teufelskralle, Mücken-Händelwurz, Helm-Knabenkraut, Ästige Graslilie, Berg-Aster, Wiesen-Salbei, Magerwiesen-Magerite, Kartäuser-Nelke, Wiesen-Glockenblume.
Info Hirschberg-Alm: Die einst beliebte und bekannte Ausflugsgaststätte Hirschberg-Alm ist inzwischen zu einem Asylbewerberheim umgestaltet worden. Sechs Jahre lang stand das ehemalige Hotel-Restaurant, das im Jahr 1930 erbaut wurde, vor der Nutzung für Flüchtlinge leer.
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Entstehung des Trockenbiotops am Hirschberg
Bei den kegelförmigen Tumuli-Hügeln am Hirschberg handelt es sich um Gletschermühlen, die während der letzten Eiszeit entstanden. Im Eis des abtauenden Gletschers bildeten sich Wannen. Diese füllten sich nach und nach mit Schotter, der sich nach der Eisschmelze als Kegel absenkte und liegenblieb.
Diese eiszeitlichen Schotterkegel waren die Voraussetzung zur Entstehung eines Biotops mit Trocken- und Magerrasen. Diese zählen zu den artenreichsten Lebensräumen, in denen seltene Tier- und Pflanzenarten vorkommen, die Licht und Wärme lieben. Durch intensive landwirtschaftliche Nutzung und Düngung werden sie verdrängt und zählen daher zu den am stärksten gefährdeten Biotopen.
Die einst mühevolle extensive Bewirtschaftung wurde längst aufgegeben. Eine Mahd der Magerrasen ist dringend erforderlich, um eine Verbuschung und auch das Überhandnehmen einiger weniger Pflanzenarten zu verhindern.
Der Hirschberg wurde vom Bund Naturschutz Bayern, Kreisgruppe Weilheim-Schongau, bis 2014 betreut. Seitdem gibt es üblen Dauerstreit zwischen Bund Naturschutz und der Gemeinde Pähl – auf Kosten der fragilen Pflanzenwelt am Kleinbiotop des Hirschbergs.
Website: www.weilheim-schongau.bund-naturschutz.de
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Dauerstreit um die Wiesenmahd am Hirschberg
Das wertvolle Biotop am Hirschberg ist seit Anfang 2014 ein Streitpunkt zwischen dem Bund Naturschutz und der Gemeinde Pähl. Die Naturschützer befürchten eine Verbuschung und somit das Ende der Artenvielfalt im Biotop, wenn es nicht weiter fachkundig gepflegt wird.
Der Bürgermeister und Gemeinderat von Pähl sieht das anders und verfolgt eigene Ziele. Dem Bund Naturschutz (Kreisgruppe Weilheim-Schongau) wurde 2014 der langjährige Pachtvertrag am Hirschberg von der Gemeinde Pähl gekündigt.
Weiter wurde den Naturschützern mitgeteilt, eine Weiterführung des Pachtvertrags wäre von der Zustimmung zum Radweg zwischen Fischen und Dießen, entlang der Birkenallee, abhängig.
Der Bund Naturschutz lehnte dies ab, da dieser Radweg eine erhebliche Entwertung des Vogelreservats Ammersee Süd bedeutet.
Die wichtige Herbstmahd wurde daraufhin 2014 und 2015 nicht durchgeführt, obwohl die Gemeinde Pähl dazu verpflichtet gewesen ist.
Ende Juli 2016 wurden die Magerwiesen im Auftrag der Gemeinde gemäht. Der Bund Naturschutz stellte das Vorgehen und den Zeitpunkt dieser Mahd als Desaster dar. Eine Wiese mit Orchideen wurde gemäht, obwohl deren Mahd erst deutlich später im Jahr hätte erfolgen sollen.
Spätblühende Pflanzenarten seinen noch vor ihrer Blüte abgemäht und auch das Mähgut vor Ort gehäckselt worden. Für Insekten gäbe es keinerlei Nahrung mehr, da die Mahd komplett durchgeführt wurde und nicht nur zu achtzig Prozent.
Dreißig Jahre lang hatte der Bund Naturschutz den Hirschberg nach einem ausgetüftelten Plan gepflegt und damit seine große Artenvielfalt erhalten. Der Streit scheint noch lange nicht beigelegt.
Mehr Infos: www.ammerseekurier.de/2016/08/13/mahd-am-hirschberg-sorgt-erneut-fuer-krach/
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Weitere Ausflugsziele für Naturfreunde bei Pähl
- Natur- und Vogelschutzgebiet am Südufer des Ammersees bei Fischen: Vogelfreistätte Ammersee-Südufer am westlichen Ammer-Damm. Von Pähl etwa 6 Kilometer entfernt.
- Hofgut Kerschlach: Aus dem ehemaligen Klostergut entstand ein ökologisch bewirtschaftetes Hofgut nach Öko- und Naturland-Richtlinien. Regelmäßige Führungen. Von Pähl etwa 7 Kilometer entfernt.
- In Dießen am südwestlichen Ende des Ammersees: Bohlenweg durch die Feuchtwiesen mit Beobachtungsturm an der Ammer-Mündung. Von Pähl etwa 9 Kilometer entfernt.
Anfahrt nach Pähl
Mit dem PKW: Von der Autobahn A95 München-Garmisch, Ausfahrt Starnberg, auf der Bundestraße B2 Richtung Weilheim bis Pähl, Länge 46 Kilometer.
Mit der Bahn: Die nächsten Bahnhöfe sind Herrsching (S-Bahn), Raisting, Tutzing (S-Bahn) und Weilheim. Weiterfahrt mit dem Bus, z. B. Linie 9653 ab Herrsching Bahnhof, Linie 9600 ab Tutzing Bahnhof.
Essen und Trinken
Gasthof „Neue Post“ in Pähl
Im Gasthof „Neue Post“ in Pähl wird kroatisch-bayrisch gekocht. Gleich vor dem gemütlichen Dorfgasthaus liegt, direkt am Burgleitenbach, der schattige Biergarten. Auf der Speisekarte findet sich typisch kroatische Küche (wie Grillteller oder Hausplatte) oder bodenständig-bayrische Gerichte. Auch frischer Fisch wird angeboten (wie Forellen, Doraden ect.) – immer frisch gegrillt. Freundlicher, familiärer Service und günstige Preise. Adresse: Gasthof „Neue Post“, Ammerseestr. 47, 82396 Pähl
Buchtipp
AT Verlag, Blütenwanderungen in Oberbayern, Die schönsten Streifzüge zu besonderen Pflanzen, von Martin Wiesmeier, 1. Auflage 2011.
Das Buch bietet 30 schöne Touren zu botanischen Kostbarkeiten im Raum München, Garmisch und Salzburg. Auch der Hirschberg ist dabei mit dem Kapitel „Küchenschellen bei Pähl, Spaziergang vom Hirschberg zur Pähler Schlucht“.
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