Bronzezeit auf Kreta: DNA-Studien enthüllen die Herkunft der Minoer


Bronzezeit auf Kreta: DNA-Studien enthüllen die Herkunft der Minoer La petite Parisienne Das minoische Fresko "La Parisienne" (links) stellt eine Göttin oder Priesterin dar. Der "Rhytonträger" zeigt einen Gabenbringer, Detail aus dem Fresko "Große Prozession". Beide Abbildungen stammen aus dem Palast von Knossos, datieren auf 1.450 - 1.375 v. Chr. (SM II - III A) und sind im Archäologischen Museum Heraklion zu sehen. Foto: Wikipedia, Jacek Halicki, Olaf Tausch

Das minoische Fresko „La Parisienne“ (links) stellt eine weibliche Göttin oder Priesterin dar. Der „Rhytonträger“ überbringt Gaben an die Priesterschaft. Das Fresko ist ein Detail der „Großen Prozession“. Fundort: Palast von Knossos. Datierung: 1.450 – 1.375 v. Chr. (SM II – III A). Ausstellungsort: Archäologisches Museum Heraklion. Fotos: Wikipedia, Jacek Halicki, Olaf Tausch

Zwei Projekte in der Genforschung haben das Geheimnis um die Herkunft der Minoer auf der Insel Kreta gelüftet. Außerdem lösten die Forscher mit DNA-Projekten die Frage, ob Minoer und Mykener (auch Archäer, Ἀχαιοί) miteinander verwandt waren. Minoer gründeten in der Bronzezeit auf Kreta die älteste Hochkultur Europas. Mykener schufen die älteste Hochkultur des europäischen Festlands.

Bronzezeit auf Kreta: DNA-Studien enthüllen die Herkunft der Minoer dna_pixabay Das einsträngige RNA-Molekül im Aufbau der DNA ähnlich. RNA sorgt für die genetische Informationsübertragung, während DNA das Erbgut speichert. Foto: Pixabay

Das einsträngige RNA-Molekül ist im Aufbau der DNA ähnlich. RNA sorgt für die genetische Informationsübertragung, während DNA das Erbgut speichert. Foto: Pixabay

Dazu wurde in den vergangenen Jahren (2017 und 2013) umfangreiches DNA-Material untersucht. Die Forscher befassten sich in einer 2017 publizierten Studie mit der Frage: Waren Minoer und Mykener verwandt?

Um darüber eine Antwort zu finden wurde bronzezeitliches Genmaterial aus Kreta und vom griechischen Festland verglichen. Die untersuchten Individuen stammten aus der Antike und aus der Neuzeit.

Eine vorangegangene Gen-Studie die 2013 publiziert wurde stellte die Frage: Woher kam die minoische Bevölkerung auf Kreta? Waren Minoer Migranten aus Afrika oder der Levante?

Für das Forschungsprojekt von 2013 verglichen die Wissenschaftler DNA Informationen von drei verschiedenen Gruppen. Minoisches Genmaterial aus Kreta (Lassithi-Plateau, Messara-Ebene). Antike und neuzeitliche Individuen aus Griechenland, Anatolien, West- und Nordeuropa, Nordafrika, Ägypten.


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DNA-Studie: Sind Minoer und Mykener verwandt?

Bronzezeit auf Kreta: DNA-Studien enthüllen die Herkunft der Minoer kombi_göttinnen minoer_mykener Die minoische Schlangengöttin stammt aus Knossos auf Kreta. Sie zeigt eine barbusige Erdgöttin (Rhea) mit zwei Schlangen in den erhobenen Händen. Datierung: 17 Jhd. v. Chr. Ausstellungsort: Arch. Museum Heraklion. Aus mykenischer Zeit stammt die Figurengruppe aus Elfenbein aus Burg von Mykene auf dem Peloponnes. Abgebildet sind zwei Göttinnen mit Kleinkind. Datierung: 14./15. Jhd. v. Chr. Ausstellungsort: Arch. Nationalmuseum Athen. Fotos: Pixabay, HeikoAL (links), Wikipedia, zde

Die minoische Schlangengöttin (links) stammt aus dem Palast von Knossos auf Kreta. Sie stellt eine Erdgöttin (Rhea) aus Keramik mit Schlangen in den erhobenen Händen dar. Datierung: 17 Jhd. v. Chr. Ausstellungsort: Arch. Museum Heraklion. Aus mykenischer Zeit stammt die Elfenbein-Gruppe mit zwei Göttinnen und Kleinkind. Fundort: Burg von Mykene, Peloponnes. Datierung: 14./15. Jhd. v. Chr. Ausstellungsort: Arch. Nationalmuseum Athen. Fotos: Pixabay, HeikoAL (links), Wikipedia, zde

Ein internationales Forschungsteam analysierte die DNA von insgesamt neunzehn Individuen. Dazu wurde minoisches und mykenisches Erbmaterial aus der Bronzezeit und dem Neolithikum aus Kreta, sowie vom griechischen Festland erfasst. Diese genomweiten Daten verglichen die Wissenschaftler mit Genmaterial aus Anatolien das aus der Bronzezeit stammte.

Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature“ 2017 publiziert. Dazu wurden die aktuellen DNA-Daten mit Ergebnissen vorliegender Forschungen an insgesamt dreitausend Individuen verglichen. Das dazu verwendete Genmaterial stammte aus der Antike und der Neuzeit.

Ergebnisse des DNA-Projekts

Die Minoer auf Kreta stammten von den ersten neolithischen Bauern aus Anatolien und der Ägäis ab. Bronzezeitliche Minoer, Mykener und Anatolen teilten ihre genetischen Abstammung zu großen Teilen mit neolithischen Gruppen aus Anatolien. Minoer und Mykener waren nur teilweise genetisch verwandt.

Mindestens 75 Prozent der gemeinsamen Gene von Minoern und Mykenern vom griechischen Festland stammten von neolithischen Bewohnern aus der Ägäis und aus Anatolien. Ein kleinerer Prozentsatz des minoischen und mykenischen Genpools stammte aus dem Kaukasus und/oder dem Iran.

Mykener und Minoer unterschieden sich darin, dass Mykener zusätzlich von Individuen aus der eurasischen Steppe im Norden abstammten. Die Minoer weisen „nur“ eine östliche Abstammung auf, ohne Erbgut von Steppenvölkern aus dem Norden (Ukraine, Russland) zu besitzen. Fazit: Mykener verfügten sowohl über östliches wie auch nördliches Erbgut. Minoer nur über östliche DNA.

Vermutlich kamen die Individuen aus dem Osten (Kaukasus, Iran) eigenständig nach Europa. Offenbar während einer bisher unbekannten Migration. Diese Ergebnisse zeigen: Die Wanderung der Steppenhirten aus dem Norden führte bis zum griechischen Festland. Die Insel Kreta wurde nicht erreicht.

Die DNA heutiger Festlandsgriechen ähnelt den Mykenern. Der moderne Genpool ist jedoch verwässert. Die Merkmale zu neolithischen Anatoliern nehmen ab. Die Ergebnisse der Studie bestätigen eine Siedlungskontinuität in Griechenland. Dennoch war es von anderen Regionen nicht isoliert.


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DNA-Studie: Trugen die Minoer Genmerkmale aus Afrika?

Bronzezeit auf Kreta: DNA-Studien enthüllen die Herkunft der Minoer Oropedio_Lasithiou_Crete_ Die Lasithi-Hochebene ist eine Karstebene auf über achthundert Metern Höhe in Ostkreta. Der fruchtbare Boden des Plateaus zog im Neolithikum des 7. Jtsds. Siedler an, seitdem ist die Ebene ununterbrochen besiedelt. Für die DNA-Studien wurde Genmaterial von Individuen aus der Hagios Charalambos-Höhle entnommen. Foto; Wikipedia, Алексей Шулик

Die Lasithi-Hochebene ist eine Karstebene auf über achthundert Metern Höhe in Ostkreta. Der fruchtbare Boden des Plateaus zog im Neolithikum des 7. Jtsds. v. Chr. Siedler an. Seitdem ist die Ebene ununterbrochen besiedelt. Für eine DNA-Studie wurde Genmaterial von Individuen aus der Hagios Charalambos-Höhle entnommen. Foto: Wikipedia, Алексей Шулик

2013 wurde in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ eine DNA-Studie publiziert. Ziel war dabei herauszufinden ob die minoische Bevölkerung Kretas Genmaterial aus Afrika besaß. Dabei verglichen die Wissenschaftler DNA-Daten von drei Gruppen: Bronzezeitliche, antike und neuzeitliche Individuen.

  • Zentralkreta, Messara: Tholos bei Moni Odigitria, 39 Individuen, Frühminoikum (2.900 – 1.900 v. Chr.).
  • Ostkreta, Lassithi-Ebene: Höhle Ag. Charalambos, 37 Individuen, Frühminoikum (2.400 – 1.700 v. Chr.).
  • Antike und Neuzeit: DNA-Material von 11 antiken Populationen, 71 modernen Populationen, insgesamt 14.267 Individuen. Das für die DNA-Studie verwendete Genmaterial stammte aus Griechenland, Anatolien, West- und Nordeuropa, Nordafrika, Ägypten.

Ergebnis des DNA-Projekts

Bronzezeitliche Minoer trugen keine charakteristisch DNA-Merkmale aus Afrika. Dies schließt einen nordafrikanischen Ursprung der minoischen Bevölkerung auf Kreta aus. Für diese These hatte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts der britische Archäologe Arthur Evans eingesetzt.

Evans Theorie stützte sich auf die Ähnlichkeiten zwischen minoischer und ägyptischer Kunst. Die Ähnlichkeiten der minoischen Zivilisation mit den Hochkulturen in Nordafrika erklärten sich die Forscher als Ergebnis intensiver Handelsbeziehungen zwischen der Insel Kreta und Ägypten.

Wir wissen jetzt, dass die Gründer der ersten fortgeschrittenen europäischen Zivilisation Europäer waren. Minoer waren neolithischen Europäern und heutigen Kretern sehr ähnlich“

Prof. Dr. George Stamatoyannopoulos († 2018), Humangenetiker der Universität Washington, Mitautor der DNA-Studie, 2013.

Die minoische Hochkultur hat europäische Wurzeln. Sie entwickelte sich auf Kreta aus ihren neolithischen Vorläufern. Die DNA der Minoer weist eine nahe Verwandtschaft mit der neolithischen und modernen Bevölkerung Europas auf. Am besten erhalten hat sich der Genpool bis heute zu den minoischen Vorfahren bei den Bewohnern auf dem Lassithi-Plateau, einer Hochebene in Ostkreta.

Im 7. Jtsd. v. Chr. besiedelten neolithische Migranten aus Anatolien und dem Peloponnes die Insel Kreta. Diese Bevölkerungsgruppen brachten ihr Wissen zu Ackerbau und Viehzucht mit. Anschließend vermischten sie sich mit den Kretern. Zu Beginn der Bronzezeit (Anfang des 3. Jtsds. v. Chr.) begann die autochthone Bevölkerung auf Kreta die minoische Zivilisation und Hochkultur zu entwickeln. 


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Zuletzt aktualisiert am 8. August 2022 um 12:08 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.

Quellen

  • Fachzeitschrift Nature (Band 548, Ausgabe 7666, 2017), Genetic origins of the Minoans and Mycenaeans, Iosif Lazaridis und weiteren Autoren.
  • Fachzeitschrift Nature Communications (Band 4, Artikel 1861, 2013), A European population in Minoan Bronze Age Crete, von J. R. Hughey, P. Paschou, P. Drineas uw., 2013. Website: www.nature.com
  • LMU München, Online Publikation, Die Herkunft von Minoern und Mykenern, von Philipp W. Stockhammer, 2017. Website: www.uni-muenchen.de
  • Universität Tübingen, Online Publikation, Alte DNA enthüllt die Abstammung der bronzezeitlichen Minoer und Mykener, von Johannes Krause, 2017. Website: uni-tuebingen.de

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Monika Hoffmann

schreibt Foto-, Natur- und historische Reportagen aus Griechenland, Italien, Österreich, Deutschland mit Schwerpunkt München und Bayern. Passion auf Reisen: Geschichte und archäologische Plätze. Spezialgebiete: Ur- und Frühgeschichte & Antike Hochkulturen. Die Fotografin, Redakteurin, Köchin, Naturfreundin liebt Griechenland, Italien und ihre Heimat Oberbayern: Über die Geschichte bis zu Musik, Literatur, Filmkunst.

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