Inhaltsverzeichnis
- 1 Mit Achtzehn wird Hadrian Mitglied im Richtergremium
- 2 Nach Domitians Ermordung wird Nerva Imperator
- 3 Kaiser Nerva führt das Adoptivkaisertum ein
- 4 Trajan wird Caesar unter Nerva: Hadrian gratuliert persönlich
- 5 Kaiser Nerva stirbt: Trajan folgt auf den Thron
- 6 Patronatsverhältnisse in Trajans Großfamilie
- 7 Die Hochzeit von Hadrian und Trajans Großnichte Sabina
- 8 Hadrian wird Quästor und Mitglied in zwei Priesterkollegien
- 9 Trajan zieht mit Hadrian in die Kriege gegen Dakien
- 10 Hadrian wird kaiserlicher Statthalter in Pannonien
- 11 Als Suffektkonsul schließt Hadrian den Cursus Honorum ab
- 12 Roms letzte große Expansion: Der Partherkrieg
- 13 Hadrian wird Oberbefehlshaber in Syrien
- 14 Unsere Buchtipps
Bevor Hadrian römischer Kaiser wurde durchlief er zahlreiche Ämter in Politik und Armee. Vom Militärtribun und Quästor, über den rechtskundigen Prätor zum Konsul und mächtigen Provinzstatthalter.
Unsere Serie „Antike Persönlichkeiten“ befasst sich als mehrteilige Projektarbeit mit dem vierzehnten römischen Kaiser: Imperator Caesar Traianus Hadrianus Augustus (24. Januar 76 bis 10. Juli 138).
Dritte Folge: Kaiser Hadrian: Seine Politik- und Militärkarriere zum Prinzipat. Mit dem Ehrentitel „Optimus princeps“ ausgestattet, unterstützte Kaiser Trajan die Karriere von seinem Ziehsohn Publius Aelius Hadrianus. Durch die Heirat mit Trajans Großnichte Sabina durfte Hadrian auf die Kaiserwürde hoffen.
Lest dazu die ersten Folgen über Kaiser Hadrian in der Serie „Antike Persönlichkeiten“
- Kaiser Hadrian: Biografie & Charakter des römischen Imperators (Teil 1)
- Kaiser Hadrian: Kindheit und Jugend des zukünftigen Imperators (Teil 2)
Weitere Themen der Serie: Kaiser Hadrians Reisen durch das Imperium. Seine Leistungen in Politik, Kunst und Kultur. Im letzten Teil berichten wir über Krankheit, Nachfolgeregelungen und Tod.
Mit Achtzehn wird Hadrian Mitglied im Richtergremium
Im Jahr 93 reiste Hadrian von Italica (Andalusien, Spanien) nach Rom. Trotz seiner Jugend wurde er im Jahr 94 Decemvir im Kollegium der „Hundertmänner“ im Zivilgericht (Decemviri stlitibus judicandis).
Diesem Geschworenengericht stand ein Prätor vor. Das Richtergremium befasste sich mit Verfahren im Familien- und Erbrecht. Bevorzugter Tagungsort war die Basilica Julia auf dem Forum Romanum.
Das Decemvirat war Grundstein für Hadrians senatorische Laufbahn. An der jährlichen Ritterparade (Transvectio equitum) der jungen Equites (Reiter) am 15. Juli 94 hat Hadrian wohl teilgenommen.
In dieser Zeit war der despotisch herrschende Titus Flavius Domitianus (51 – 96) Kaiser. Domitian war der zweite Sohn von Kaiser Vespasian und letzter Imperator aus der Dynastie der Flavier.
Textauszug: Hadrian wird Decemvir
Ich wurde zum Richter bei dem Gericht ernannt, das sich mit Erbschaftsstreitigkeiten zu befassen hatte. Da ich vom Rechtswesen nichts verstand, unterschied sich mein Dienstjahr kaum von meiner Studienzeit. Ich lernte in meinem Beruf so viel, was meinem Verhalten bei den kaiserlichen Gerichtssitzungen später zugute kommen sollte: Für die kurze Dauer der Sitzung jedem ganz zur Verfügung zu stehen. So zu tun, als sei in diesem Augenblick nur dieser Bankier, nur dieser Veteran oder diese Witwe auf der Welt … Es ging zu wie im Sprechzimmer eines Arztes. Da schwärte alter Hass, Lügen brachen auf, ein Aussatz an Gemeinheit trat zutage. Männer klagten gegen ihre Frauen. Väter gegen ihre Kinder. Seitenlinien gegen die Verwandtschaft. Was mir je an Achtung vor der Einrichtung Familie geblieben war, und das war wenig genug, kam mir abhanden.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
Unter Domitian wurde Hadrian 95 zum Militärtribun (Tribunus laticlavius) ernannt und befehligte die Legio II adiutrix in Aquincum (Budapest, Ungarn). Dies war für seinen Eintritt in den Senat obligatorisch.
Als Militärtribun war Hadrian Stellvertreter des Legionskommandanten. Während seiner Zeit in Pannonia inferior wurde der Centurio Quintus Marcius Turbo aus Dalmatien sein Freund.
Q. M. Turbo diente Hadrian, als dieser später Kaiser wurde, als Militärberater. Von 118 bis 134 machte ihn Hadrian zum Prätorianerpräfekt. Turbo stammte aus der Hafenstadt Epidaurum (Cavtat) bei Dubrovnik in Kroatien.
In Unterhaltungen mit einfachen Menschen soll Hadrian unkompliziert gewesen sein. Er besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis und konnte sich unzählige Namen von Veteranen oder Soldaten merken. Die einfache Verpflegung teilte Hadrian oft mit seinen Legionären.
Später als Kaiser war Hadrian durch seine Erfahrungen mit Waffen aller Art bestens vertraut und verfügte über ein umfassendes Expertenwissen im gesamten Militärwesen.
Im Sommer 96 verließ Hadrian seinen Standort in Pannonien. Seine neue Position war ein zweites Militärtribunat in der Legio V Macedonica in der Provinz Moesia Inferior (Niedermösien, Bulgarien) am Oescus, einem Nebenfluss der Donau.
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Nach Domitians Ermordung wird Nerva Imperator
Kaiser Domitian erlag einer Verschwörung von Vertrauten und wurde ermordet. Titus Flavius Domitianus (24. Oktober 51 bis 18. September 96) wurde als schlechter Kaiser und Tyrann überliefert.
Resultate die für Domitian sprachen berücksichtigten die Historiker geringer, als negative Informationen seiner Regierungszeit. Inzwischen revidiert die Forschung eine nur negative Sichtweise des Kaisers.
Domitians Regierungsstil kennzeichnete autokratische, totalitäre und hellenistische Merkmale. Ursache für sein Zerwürfnis mit dem Senat waren Niederlagen in den Daker-Kriegen (Rumänien, Moldawien).
Domitian starb kinderlos. Der Senat bestimmte den zweifachen Konsul Marcus Cocceius Nerva (8. November 30 bis 27. Januar 98) zum Nachfolger. Die römische Öffentlichkeit jubelte.
In den letzten Jahren von Kaiser Domitian hatte sich tiefer Hass in Oberschicht, Verwaltung und Militär angesammelt. In Rom zerstörten wütende Horden Standbilder und Triumphbögen von Domitian.
Textauszug: Kaiser Domitian wird ermordet
So wohnte ich dem letzten Akt des Kampfes auf Tod und Leben bei, der zwischen Domitian und Rom ausgefochten wurde. Der Kaiser konnte sich in der Stadt nur noch durch Hinrichtungen halten, die sein Ende beschleunigten. Das ganze Heer hatte sich verschworen ihn zu beseitigen. Ich verstand nicht viel von diesem Kampf, der so viel gnadenloser war als das, war man im Amphitheater sehen konnte. So begnügte ich mich, für den schon vom Tode gezeichneten Tyrannen, die etwas überhebliche Verachtung des angehenden Philosophen aufzubringen … Über die Nachricht von der Ermordung Domitians wunderte sich niemand und alles freute sich.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
Sein Nachfolger Nerva stützte sich auf Roms Führungseliten und die Bevölkerung. Verarmte Bürger erhielten Land, Senatoren standen unter kaiserlichem Schutz, eine Amnestie holte Verbannte zurück.
Die Armee als Machtfaktor konnte der stets unmilitärische Nerva, auch als Kaiser nicht auf seine Seite bringen. Mitte 97 erreichten die Unruhen mit einer Meuterei der Prätorianergarde den Höhepunkt.
Marcus Cornelius Nigrinus (vor 60 – 97), Gouverneur in Syrien, versuchte sich als Nervas kaiserlicher Nachfolger zu platzieren und stiftete den Prätorianerpräfekten Casperius Aelianus zur Rebellion an.
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Kaiser Nerva führt das Adoptivkaisertum ein
Die Finanzlage im römischen Reich war angespannt und Nerva geriet in Bedrängnis. Er war inzwischen 65, unverheiratet und kinderlos. Doch Nerva war sich auch bewusst, dass er die Armee brauchte.
Nerva suchte die Allianz mit dem mächtigen Oberbefehlshaber Trajan. Dieser war mit drei Legionen, sowie Auxiliar-Einheiten in Mogontiacum (Mainz) in Germania superior (Niedergermanien) stationiert.
Am 27. Oktober 97 entschloss sich Nerva zur Adoption von Trajan und dieser erhielt den Titel Caesar. So begann das Adoptivkaisertum. Hadrians Vormund und Verwandter war nun Mitregent von Rom.
Damit führte Nerva die Adoption des Besten als kaiserlicher Nachfolger ein. Eine Institution die dem römischen Imperium im folgenden Jahrhundert seine größte Machtentfaltung bescheren sollte.
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Trajan wird Caesar unter Nerva: Hadrian gratuliert persönlich
Schlagartig änderte sich durch Trajans Adoption Hadrians Leben. Nun war er der engste Verwandte des zukünftigen Kaisers und stand an der Spitze der politischen und gesellschaftlichen Hierarchie.
Das Imperium hatte sich gewandelt. Es war nicht mehr das alte römische Reich, das nur seine Eroberungen feierte. Rom kooperierte zumindest mit den Eliten der von ihm eroberten Länder.
Die Folge war eine Umverteilung der Macht. Nun konnten auch Aristokraten aus der Provinz Senatoren werden – oder sogar Kaiser. Dies spiegelt eine Veränderung der politischen Situation wider.
Hadrian überbrachte dem neuen Caesar Trajan persönlich die Gratulation der Legionen aus Moesia Inferior. Dazu reiste er nach Mogontiacum (Mainz) in Germanien (Deutschland).
Nervas Schwierigkeiten in Rom löste Trajan in Germanien. Die Anführer der Rebellion ließ er unter dem Vorwand eines Sonderauftrages anreisen – um sie nach ihrer Ankunft hinrichten zu lassen.
Dadurch stabilisierten sich die Unruhen in den Legionen. Die Loyalität des Militärs am Rhein war wieder hergestellt. Dieser Schachzug brachte Trajan und Nerva im Reich Anerkennung.
Hadrian erhielt 97 in Mainz ein drittes Tribunat bei der Legion XXII Primigenia. Trajan hatte großes Vertrauen in seinen Schützling und förderte Hadrian als Soldat und Führungspersönlichkeit.
Kaiser Nerva starb am 28. Januar 98. Doch Trajan begab nicht nach Rom um seine Macht zu sichern. Er startete aus politischen Gründen eine Inspektionsreise am Rhein und anschließend an die Donau.
Die Bedrohung der Grenzen des Imperiums hatte schon Kaiser Domitian erkannt und eine erforderliche Truppenverstärkung veranlasst. Ein Drittel der römischen Legionen stand an der Donau.
Trajans Nachfolger als Statthalter Obergermaniens wurde Lucius Iulius Ursus Servianus (45 – 136), Hadrians Schwager. Hadrians Beziehung zu seinem direktem Vorgesetzten Servianus war angespannt.
Erneut überliefert die Historia Augusta: Servianus berichtete an Trajan, dass Hadrian als Militärtribun in Germanien viel Geld verschwendete und dort auch Schulden machte.
Hatte Hadrian Pferde und Hunde gekauft um in Germanien seiner Jagdleidenschaft nachzugehen? Vielleicht ließ er es sich auch in den Thermen von Aquae Mattiacorum (Wiesbaden) gutgehen.
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Kaiser Nerva stirbt: Trajan folgt auf den Thron
Am 27. Januar 98 starb Nerva. Der Senat rief Trajan zum Kaiser aus. Einige Tage später erfuhr Hadrian in Gallien davon. Servianus, wie Hadrian wollten Trajan in Colonia (Köln) die Nachricht überbringen.
Als Statthalter von Gallica Belgica versuchte Servianus die Überbringung von Nervas Tod an Trajan durch Hadrian zu verhindern. Er ließ die Kutsche mit der Hadrian zu Trajan unterwegs war überfallen.
Doch Hadrian ließ sich von seinem Konkurrenten nicht aufhalten und erreichte Colonia vor Servianus. Hadrian und Servianus waren Rivalen um die Gunst Trajans, versöhnten sich aber später.
Textauszug: Rivalität zwischen Hadrian und Servianus
Ich war drei Tagesreisen von Köln entfernt, mitten in Gallien, als im Marschquartier der Tod Nervas verkündigt wurde. Es reizte mich, Trajan persönlich die Nachricht von seinem Regierungsantritt zu überbringen. So sprengte ich auf der Reichsstraße dahin. Erst in Trier, wo mein Schwager Servianus als Statthalter residierte, machte ich halt … Um mir zu schaden, oder zu verhindern, dass ich mich beliebt machte, suchte Servianus mir zuvorzukommen und hetzte einen Kurier los. Darauf wurde ich an einer Furt überfallen. Unsere Pferde wurden getötet, meine Ordonanz verwundet. Doch gelang es uns, eines unserer Angreifer zu bemächtigen, einen ehemaligen Sklaven von Servianus, der alles gestand … Ich musste mehrere römische Meilen zu Fuß machen … Noch in der gleichen Nacht war ich in Köln und schlug den Kurier meines Schwagers … Das Abenteuer hatte den Erfolg, dass mich das Heer umso wärmer empfing. Kaiser Trajan behielt mich als Tribun bei sich zurück.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
Kaiser Trajan pflegte einen überwiegend kollegialen Umgang mit Senatoren, Offizieren und Magistraten. Übertriebene Huldigungen oder Unterwürfigkeit war dem Kaiser unangenehm.
Plinius der Jüngere (61 – 113) überliefert, dass eine Freundschaft mit Domitian unmöglich gewesen sei, da dieser seine Untertanen wie Sklaven behandelte hatte. Wohl aber mit einem Princeps wie Trajan.
Ende des Jahres 99 brach Trajan von Germanien nach Rom auf. Hadrian folgte dem Imperator in die Heimatstadt. Trajan trank gerne Wein und gab sich seiner Vorliebe für Lustknaben und Frauen hin.
Hadrian unterlief die Vorrechte Trajans und soll seinen Pagen mehrfach „zu nahe“ gekommen sein. Die Historia Augusta überliefert: Trajan soll Hadrian ermuntert haben deutlich mehr Wein zu trinken.
Politisch betrachtet stand Trajan fest in der Tradition seiner Vorgänger Nerva und Domitian. Von seinen Legionären ließ sich Trajan sich mit „Kamerad“ ansprechen. Diese Haltung prägte auch Hadrian.
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Patronatsverhältnisse in Trajans Großfamilie
Basis der Gesellschaft war das Prinzip der Gegenseitigkeit, einem System von Geben und Gegengaben. Der Senat ernannte Beamte und Offiziere – Trajan platzierte dort seine spanischen Verwandten.
Beispiele für Patronatsverhältnisse (Patronatus, Clientela) sind:
- Ein freigelassener Sklave geht von der Familie seines Herrn in dessen Clientela (Anhänger) über.
- Ein römischer Aristokrat wird Quästor in Sizilien und damit Patron der Sizilier.
- Ein junger Mann aus Ritterstand ist Anwärter auf ein höheres Amt. Sein Patron ist bereits Senator und hilft ihm das angestrebte Amt verliehen zu bekommen.
- Patron der gesamten Bevölkerung im Imperium ist der Kaiser.
In Rom konzentrierte Hadrian seine Aufmerksamkeit auf Trajans Ehefrau Pompeia Plotina (vor 70 – 123), die er seit seiner Kindheit mochte. Plotinas Ehe war kinderlos, Hadrian war der Sohn den sie nie hatte.
Hadrian war Mitglied in Trajans Familie. Daher war Trajan sein Patron und förderte seine Karriere. Jedoch fungierte Hadrian auch als Patronatus. Plotina unterstützte Hadrian in der Großfamilie Trajans.
Textauszug: Die spanische Sippe am Kaiserhof
An der kaiserlichen Tafel wimmelte es von spanischen Vettern und allerhand provinzieller Sippschaft, denselben Leuten, denen ich später als Gästen meiner Frau begegnen sollte, wenn ich einmal nach Rom kam. Da sie beim ersten Augenblick auf mich wirkten, als seinen sie hundertjährig, kamen sie mir später nie sehr gealtert vor. Sie strahlten den ranzigen Duft einer abgestandenen Bauernschlauheit und zähflüssiger Weisheit aus. Der Kaiser war von dem Willen beseelt, die hervorragendsten Kräfte, die Rom ihm bot oder die ihm empfohlen wurden, an sich zu ziehen. Doch kannte Trajan Rom sehr viel weniger gut als ich.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
Der sozial höher Gestellte war der Patron (Patronus), der schwächer Gestellte der Klient (Cliens). Patronagen waren erblich und in allen Bereichen der römischen Gesellschaft wirksam.
- Leistungen des Patrons (Beneficia): Materielle, juristische oder administrative Unterstützung.
- Leistungen des Klienten (Officium): Loyalität, Wahl, Prestigesteigerung des Patrons.
Der einflussreiche Patron in gehobener gesellschaftlicher Stellung schützte die Existenz seiner Klienten. Beispiele: Unterstützung vor Gericht, Karriereförderungen, materielle Hilfen in Notsituationen.
Die Klienten wiederum hatten im Gegenzug die Stellung ihres Patrons abzusichern. Beispiele: Unterstützung im Wahlkampf, entsprechende Stimmabgabe bei Wahlen.
Lebten die Klienten vor Ort, erschienen sie morgens beim Patron zur Begrüßung (Salutatio). Bei politischen Anlässen begleiteten sie ihn. Freigelassene gehörten zur Klientel ihres ehemaligen Herrn.
Der Klient war sich bewusst, dass er Gegenleistungen an den Patron erbringen musste. Diese Abhängigkeitsverhältnisse im römischen Reich war der Arbeitsweise heutiger Mafiafamilien ähnlich.
Die Mafia kann als Fortsetzung der familiären Sozialstrukturen aus dem römischen Reich gesehen werden. Durch die schwachen Regierungen Italiens wurden sie seitdem niemals vollständig ersetzt.
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Die Hochzeit von Hadrian und Trajans Großnichte Sabina
Im Jahr 100 heiratete Hadrian Vibia Sabina (um 86 – 136), eine Enkelin von Trajans Schwester Marciana und wurde dadurch Mitglied im Kaiserhaus. Sabina war eine Großnichte von Trajan.
Sabina brachte durch ihre Verwandtschaft zu Trajan das römische Reich als Mitgift in die Ehe. Sie stand auf der Stufe einer Kaisertochter. Wer Sabina heiratete, konnte auf die Kaiserwürde hoffen.
Sabinas Mutter Salonia Matidia (vor 64 -119) war Tochter des Senators G. Salonius Matidius Patruinus († 78) und Ulpia Marciana. Sie war Trajans Lieblingsnichte, der Matidia wie seine Tochter behandelte.
Marcianas Mutter Ulpia Marciana (48 – 112) war die Schwester von Trajan. Damit stammte Vibia Sabina aus einer vermögenden Senatorenfamilie, die durch Trajan zum Kaiserhaus gehörte.
Die Heirat Hadrians war arrangiert und keine Liebesheirat. Dahinter stand Kaiserin Plotina, Trajan war wenig euphorisch. Die Ehe war ein Karriereschritt für Hadrian und entstand aus politischen Interessen.
Textauszug: Die Kaiserin fädelte Hadrians und Sabinas Hochzeit ein
Kaiserin Plotina begann mein Fortkommen durch eine Ehe mit Trajans Großnichte Sabina zu fördern. Trajan widersetzte sich sich diesem Plan hartnäckig, wobei er auf meinen Mangel an häuslichen Tugenden verwies, die Jugend des Mädchens vorschützte und sogar meine früheren Schulden erwähnte. Die Kaiserin ließ freilich nicht locker, und ich selbst fing Feuer. Sabina war in diesem Alter keineswegs reizlos … Diese unglückselige Ehe, die nur durch meine ständige Abwesenheit gemildert wurde, ist dann zu einer solchen Quelle von Widerwärtigkeiten geworden, dass ich mir heute kaum noch vorstellen kann, welchen Triumph sie für meinen Ehrgeiz einst bedeutete.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
Dieser Umstand zeigte sich im später sehr problematischen Verhältnis zwischen Hadrian und seiner Ehefrau Sabina. Die politische Karriere von Hadrian entwickelte sich dagegen glänzend.
Sabina war vierzehn als sie Hadrian heiratete und ein verwöhntes Kind reicher Eltern. Zu Beginn der Ehe war sie begeistert von den Möglichkeiten dieser politisch wichtigen Verbindung mit Hadrian.
Privat soll sich Hadrian gegenüber Sabina gleichgültig verhalten haben, was bei ihr Wutanfälle auslöste. In seiner Gegenwart war sie schlecht gelaunt. Sabinas öffentliche Rolle war ohnehin marginal.
Der bisexuelle Hadrian unterhielt jedoch auch Liebesbeziehungen zu verheirateten aristokratischen Damen. Die Historia Augusta überliefert den Charakter von Sabina als eigensinnig und spröde.
Hadrian hätte die Scheidung gewählt, wäre er nicht Kaiser gewesen. Sabina soll stolz gewesen sein keine Kinder von Hadrian zu haben, da dies zum Verderben der Menschheit geführt hätte.
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Hadrian wird Quästor und Mitglied in zwei Priesterkollegien
Im Lauf des Jahres 100 trat Hadrian als Quästor augusti (kaiserlicher Sekretär) in den Senat ein. Inzwischen hatte er das vorgeschriebene Alter von fünfundzwanzig Jahren erreicht.
Seine Aufgaben in dieser privilegierten Stellung als Quästor imperatoris Traiani waren Mitteilungen, Anweisungen und Reden von Kaiser Trajan im Senat vorzutragen.
Während eines dieser Vorträge löste Hadrian wegen seiner undeutlichen lateinischen Aussprache unter den Senatoren Erheiterung aus. Anschließend perfektionierte er seine Aussprache und Wortgewandtheit.
Quästoren in der römischen Kaiserzeit:
- Quaestores augusti: Sie dienten dem Kaiser als persönliche Sekretäre.
- Quaestores consulum: Sie dienten den beiden Konsuln als Sekretäre.
- Quaestores urbani: Archivverwaltung.
Hadrians Folgeposten war das Amt des Actis senatus, ein höherer Bürodienst im Senat. Diesen Posten übernahmen meist junge Senatoren. Dabei wurden die Protokolle der Senatsentscheidungen archiviert.
Darauf übernahm Hadrian zwei hochrangige Positionen als Priester und wurde Mitglied in zwei angesehenen Priesterkollegien:
- Septemviri Epulonum
- Sodales Augustales
Epulones veranstalteten die Ludi Romani (öffentliche Große Spiele) für den Gott Jupiter, sowie das rituelle Bankett Iovis epulum an dem sämtliche Senatoren teilnahmen.
Die Priester der Sodales vollzogen die Opferkulte und die Verehrung für die vergöttlichten römischen Kaiser. Nach der Vergöttlichung von Kaiser Augustus im Jahr 14, gründete sein Nachfolger Tiberius das für den Kaiserkult zuständige Priesterkollegium Sodales Augustales.
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Trajan zieht mit Hadrian in die Kriege gegen Dakien
Seit Cäsar (100 – 44 v. Chr.) gab es mit Dakien Konflikte. Im Jahr 85 setzten dakische Truppen nach Süden über die Donau und plünderten Mösien. Von Domitian entsendete Legionen kamen in Bedrängnis.
Erst drei Jahre später konnte Kaiser Domitian mit dem dakischen König Decebalus einen Waffenstillstand aushandeln. Dakien verfügte über beachtliche Gold-, Eisen- und Kupfervorkommen.
Dakische Kämpfer waren mutig und freiheitsliebend. Der militärische Vorteil der Daker bestand in der Tatsache, dass die sehr hohe Qualität ihrer Schwerter der Bewaffnung der Legionen überlegen war.
Am 25. März 101 brach Trajan zum Feldzug gegen Dakien (Rumänien, Moldawien) unter König Decebalus (Reg. 86 -106) auf. Hadrian war als Comes Augusti (Begleiter des Kaisers) im Stab des Kaisers.
Dakische Überfälle auf die römische Provinz Mösien lösten den Krieg aus. Die Balkanregion liegt in Zentralserbien, Nordmakedonien, Nordbulgarien, rumänische Dobrudscha und in Teilen der Südukraine.
Trajan zog für den Feldzug große Truppenkontingente von anderen römischen Grenzgebieten ab. Ein sicherer Beleg, dass Trajan in Dakien eine erhebliche Bedrohung für das Imperium sah.
Nach vernichtenden Niederlagen der Daker schlossen 102 Kaiser Trajan und König Decebalus einen Friedensvertrag, der für Rom ausgesprochen günstig war. Doch der Frieden währte nicht lange.
Trajan kehrte 102 nach Rom zurück um seinen Triumphzug als siegreicher Feldherr über die Daker zu feiern. Dabei erhielt er den Beinamen Dacicus (Eroberer von Dacia) verliehen.
Am 10. Dezember 102 wurde Hadrian Volkstribun (Tribunus plebis) in Rom. Dabei unterstützte ihn Trajan finanziell bei den Veranstaltungen von aufwändigen Spielen für die römische Bevölkerung.
In dieser Zeit lernte Hadrian den Hofarchitekten von Trajan kennen: Apollodoros von Damaskus (um 65 – um 130). Dieser ließ 103 – 105 eine Donaubrücke aus Stein in Drobeta (Turnu Severin, Rumänien) errichten.
Der Senat ernannte Hadrian 104/105 zum Prätor (Praetor) in Rom. Ursprünglich war ein Prätor der höchste Justizbeamte. Unter Augustus wurde die Position jedoch zu einem kaiserlichen Administrator verändert.
Trajan stellte inzwischen neue Legionen auf: Die Legio ll Traiana, und Legio XXX Ulpia Viccrix. In Dakien begann unter König Decebalus die Invasion in die von Trajans Legionen besetzten Gebiete, nördlich der Donau.
Im Mai 105 erklärte das Römische Reich Dakien erneut den Krieg. Am 4. Juni 105 startete Trajan den zweiten Feldzug an die Donau und nahm diesmal Hadrian als Legionslegat mit.
Im zweiten Dakerkrieg 105/106 erhielt Hadrian als Legatus legionis den Befehl über die Legio I Minervia. Hadrian bewährte sich im Kampf gegen die Sarmaten in der Theiss-Ebene.
Dabei setzten die Legionen bereits über die Steinbrücke von Apollodoros über die Donau und belagerten die dakische Hauptstadt Sarmizegetusa (bei Orastie, Siebenbürgen).
Sechs Festungen sicherten Sarmizegetusa. Eine erste Belagerung scheiterte, die römische Eroberung der Stadt gelang schließlich durch Verrat. König Decebalus wurde gefangen und beging Selbstmord.
Trajans Triumph im Sommer 107 war einer der längsten und teuersten. Die öffentlichen Festspiele im Circus Maximus und Colosseum dauerten 123 Tage. Sie wurden auch mit Gold aus Dakien finanziert.
Textauszug: Trajans Vertrauen in Hadrian im Daker-Krieg
Als wir zum ersten Mal gegen die Daker loszogen, war der Anfang hart. Da ich mir noch nicht Trajans volles Wohlwollen erworben hatte, bekleidete ich untergeordnete Stellungen, aber ich kannte das Land und wusste mich nützlich … Meine militärischen Erfolge hätten mir die Missgunst eines weniger großen Mannes zuziehen können, als Trajan einer war. Der Mut war die einzige Sprache, die er unmittelbar verstand und deren Worte ihm zu Herzen gingen. Endlich erkannte er mich als seinen Helfer an, fast als Sohn. Nichts was später geschah, konnte uns einander entfremden. An der Spitze der Legion Minerva wurde ich beauftragt, die letzten Befestigungen des Feindes in der Gegend des Eisernen Tores zu zerstören. Ich schloss die Zitadelle von Sarmizegetusa ein und betrat im Gefolge des Kaisers den Saal, wo die Würdenträger des Königs Decebalus sich vergiftet hatten.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
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Hadrian wird kaiserlicher Statthalter in Pannonien
Am 11. Juni 106 wurde Hadrian von Trajan zum Statthalter (Legatus Augusti pro praetore, Gesandter des Kaisers) in Pannonia Inferior (Ungarn) mit Sitz in Aquincum (Budapest) ernannt.
Für seine Leistungen in Dakien erhielt Hadrian einen Diamantring von Trajan. Das Schmuckstück hatte der Kaiser einst von Nerva erhalten. Der Ring schürte Hadrians Hoffnung auf die kaiserliche Nachfolge.
Es existieren heute keinerlei antike Belege oder Überlieferungen, dass Kaiser Trajan beim Überreichen des Ringes an Hadrian eine damit verbundene Nachfolgezusage verkündete.
Hadrian war nun als Legatus Augusti Leiter der Provinzverwaltung, wie auch Oberster Justizbeamter und Oberbefehlshaber der stationierten Soldaten. In Pannonia Inferior war dies die Legio II Adiutrix.
In Niederpannonien stand Hadrians Legion den sarmatischen Jazygen in der ungarischen Ebene gegenüber. Die Reiterkrieger stammten ursprünglich aus Zentralasien und waren ein widerspenstiges Volk, das mehrmals gegen Rom gekämpft hatte.
Während der Dakerkriege hatten sich die Jazygen mit Rom verbündet. Für ihre Treue hofften sie nun auf die Rückgabe des verlorenen Oltenien (Kleine Walachei). Trajan verweigerte dies jedoch. Um Land betrogen, verübten sie nun Rache gegen Rom.
Hadrian musste 107 deshalb erneut Krieg gegen die Jazygen und ihre mit berittenen Bogenschützen und Kataphrakten (gepanzerte Reiter) ausgestatteten Truppen führen.
Mit seinen Legionären gelang Hadrian ein mühsamer Sieg über die Jazygen. Welchen Inhalt der anschließend ausgehandelte Friedensvertrag mit den Reiterkriegern hatte ist nicht überliefert.
Als Statthalter der neuen römischen Provinz schuf sich Hadrian eine luxuriöse Residenz in Aquincum, deren Architektur und Ausgestaltung er selbst entworfen haben soll. Der Statthalterpalast lag auf der Donauinsel Obuda (III. Budapester Bezirk).
Maßgeblich für Hadrian war Disziplin in den Legionen und die Inspektion der Prokuratoren (Verwaltern). Dies war zu Beginn seiner Regierungszeit als Kaiser einer der Grundpfeiler seiner Politik.
Der Statthalterpalast in Aquincum wurde in den 1950er-Jahren ausgegraben. Die große Anlage war mit Fußbodenheizung ausgestattet, sowie mit Fresken und Mosaikböden verziert.
Textauszug: Der schaurige Krieg gegen die Sarmaten
Die Nachricht von den Sarmateneinfällen traf in Rom ein, während Trajan seinen Triumph über die Daker feierte. Abends hielt ich mich mit Marcius Turbo auf der Terrasse auf. Die erleuchtete Stadt wirkte in ihrer ausgelassenen Heiterkeit abstoßend. Der schwere Daker-Feldzug, der uns vier Jahre unserer Jugend gekostet hatte, war für den Pöbel nichts als ein Vorwand zu weinseligen Gelage. Es wäre jedoch schwerlich geraten gewesen, das Volk darüber aufzuklären, dass der so laut gepriesene Sieg nicht endgültig war, da ein neuer Feind die Grenzen bedrohte. Der Kaiser wollte über die Lage möglichst wenig hören. So versuchte man diesen ersten Sarmatenkrieg lediglich als Strafexpedition hinzustellen. In der Eigenschaft des Prokonsuls und den Vollmachten eines Oberbefehlshabers wurde ich nach Pannonien entsandt … Das Reich des Decebalus hatte durch seinen Zusammenbruch einen leeren Raum geschafften, in den jetzt Sarmaten einbrachen. Der Krieg dauerte elf Monate. Es war entsetzlich … Reich an Ehren kehrte ich nach Rom zurück. Aber ich war gealtert.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
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Als Suffektkonsul schließt Hadrian den Cursus Honorum ab
Im Jahr 108 wurde Hadrian von Kaiser Trajan zum Suffektkonsul (Consul Suffectus) in Rom ernannt. Damit hatte Hadrian den traditionellen Cursus honorum (Ämterlaufbahn) abgeschlossen.
Mit zweiunddreißig Jahren hatte Hadrian dieses Amt etwa zehn Jahre früher als die meisten römischen Bürger erreicht. M. Trebatius Priscus wurde zweiter Suffektkonsul für das Jahr 108.
Über diese Zeit liegen aus der spätantiken Textsammlung Historia Augusta spannende Informationen vor. Die historischen Texte beinhalten die Biographien von dreißig römischen Kaisern.
Der reiche und einflussreiche römische Senator Lucius Licinius Sura (40 – um 110) war nach Kaiser Trajan zweiter Mann im Reich. Sura war mit Trajan befreundet und schrieb dessen kaiserliche Reden.
Hadrian soll nach Überlieferung der Historia Augusta über Sura erfahren haben, dass er von Trajan adoptiert werden sollte. Danach wurde Hadrian auch von Trajans Freunden hochgeachtet.
Lucius Licinius Sura starb um 110 und Trajan ließ für ihn ein Staatbegräbnis ausrichten. Nach Suras Tod übernahm Hadrian die Aufgabe des kaiserlichen Redenschreibers für Trajan.
Somit wäre Hadrian zu Lebzeiten von Trajan als Nachfolger gewählt worden. Trajans Aussage könnte jedoch auch ein angelegter „Beweis“ sein, der Hadrians Adoption nachträglich bestätigen sollte.
Textauszug: Mit Sura stibt Trajans wichtigster Ratgeber
Auch das Jahr meines ersten Konsulates war ein Kampfjahr. Es verging im heimlichen, aber zäh geführten Kampf für den Frieden. Ich führte ihn nicht allein. Eine ähnliche Wandlung war bei Licinius Sura, Attianus und Turbo eingetreten. Ich ließ nur den Verteidigungskrieg gelten, wozu ein Heer genügt hätte, das gelernt hatte die Ordnung an den Grenzen aufrechtzuerhalten, wo es Not tat verbesserten, vor allem aber an gesicherten Grenzen. Keiner dieser Gedanken hätte Trajan vorgetragen werden dürfen … In dieser Zeit starb Licinius Sura. Da er der freimütigste unter den privaten Ratgebern Trajans gewesen war, kam sein Tod für uns einer verlorenen Schlacht gleich. Sets hatte Sura mir väterliche Fürsorge angedeihen lassen. Doch reichten seine schwachen Kräfte nicht mehr aus, um für Ziele zu arbeiten. Die Eroberung Arabiens war gegen seinen Rat erfolgt. Hätte er noch gelebt, wäre er der einzige gewesen, der dem Staat die ungeheuerlichen Mühen und Lasten des Parther-Krieges zu ersparen vermocht hätte … Obwohl der sterbende Sura fühlte, dass mit ihm die Staatskunst in diesem Regime ihren letzten Hort verlor, kam kein Wort des Vorwurfes gegen den Kaiser über seine Lippen. Hätte er länger gelebt, hätten sich Winkelzüge, die mit meinem Machtantritt verbunden gewesen sind, erübrigt. Sura hätte Trajan dahin gebracht, mich rechtzeitig zu adoptieren. Die letzten Worte des Staatsmannes, der mir seine Aufgabe vermachte, betrachtete ich als meine geistige Belehnung mit der Kaiserwürde.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
Die Dakerkriege hatten Roms Staatskassen gefüllt. Trajan startete Bauprogramme. Sein Architekt Apollodorus von Damaskus plante die Trajansforen (Forum Ulpium) und den Portus Romae in Ostia.
Hadrian liebte Architektur und interessierte sich für die Pläne des Kaisers. Cassius Dio überliefert, dass Hadrian einmal eine Diskussion zwischen Trajan und Apollodorus unterbrach.
Doch Apollodurus riet Hadrian, er solle sich besser an seine Stillleben-Zeichnungen halten. An diese Zurechtweisung soll sich Hadrian noch lange erinnert haben.
Hadrians Leben in der Folgezeit ist nicht genau bekannt. Vielleicht langweilte ihn das Leben in Rom und er ging erneut seiner Leidenschaft für die Jagd nach. Vermutlich reiste er im Jahr 109 nach Griechenland.
In den Jahren 111 bis 113 hielt sich Hadrian in Athen auf. Dort wurde ihm von Juli 112 bis Juni 113 das Amt des Archon (Archon eponymos) verliehen, dem obersten Beamten der Stadt.
Im Dionysos-Theater unterhalb der Akropolis ließ die Stadt Athen eine Bronzestatue von Hadrian mit Inschrift aufstellen, die Hadrian als Archon zeigt, sowie seine Karriere beschreibt.
In Athen freundete sich Hadrian mit dem Philosophen Epiktet (um 50 – um 135) an. Epiktet gründete in Nikopolis (bei Preveza, Epirus) eine Schule in der die Grunddisziplinen des Stoizismus gelehrt wurden.
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Roms letzte große Expansion: Der Partherkrieg
Im Jahr 113 entwickelte sich an den Grenzen des römischen Reichs neues Konfliktpotential. Das Parther-Reich (Mesopotamien, iranisches Hochland) war der große Gegner des Imperiums im Osten.
Anlass war das Königreich Armenien im Kaukasus. Es lag als Pufferstaat zwischen den beiden Reichen. Die Parther versuchten Rom bei der königlichen Nachfolgeregelung Armeniens zu übergehen.
Dazu setzten sie in Armenien einen Marionettenkönig auf den Königsthron. Ein Vertrag mit Rom regelte, dass sie über Vorschlagsrechte verfügten, jedoch formell dort keinen neuen König einsetzen durften.
Diplomatische Wege scheiterten. Unterwegs nach Vorderasien nahm Trajan Hadrian in seinen kaiserlichen Stab auf – dazu riet ihm seine Ehefrau Plotina. Zum Zeitpunkt weilte Hadrian noch in Athen.
Die römische Armee sammelte sich im Frühjahr 114 bei Satala (bei Kelkit, Schwarzmeerregion, Türkei). Die Forschung geht für den Parther-Feldzug von einem Aufgebot von bis zu siebzehn Legionen aus.
Eine römische Legion bestand in Kaiserzeit in der Standardgröße aus 5.500 Mann (= 93.500). Dazu kam pro Legion eine Auxiliartruppe von 5.000 Mann (= 85.000 Mann). Eine gigantische Zahl!
Zu Beginn wurde der armenische König abgesetzt und Armenien römische Provinz. Verwaltung und Nachschub für den Feldzug liefen über Antiochia am Orontes (Antakya, Türkei) in der Provinz Syrien.
Danach wandten sich die Legionen nach Nordmesopotamien und eroberten die Städte Nisbis und Batnae (beide Türkei). Anschließend wurde Mesopotamien zur römischen Provinz erklärt.
Den Winter 115/116 verbrachte Trajan mit seinem Stab in Antiochia. Am 13. Dezember 115 ereignete sich dort ein schweres Erdbeben mit einer geschätzten Stärke von 7,5 auf der Richterskala. Trajan und Hadrian wurden leicht verletzt und flohen ins Hippodrom.
Ab 116 weitete Trajan sein Operationsgebiet aus. Dabei eroberten die Legionen die parthischen Residenzstädte: Ctesiphon am Ostufer und Seleukia am Westufer des Tigris.
Die Eroberungen brachten Trajan enormes Prestige ein. Der Senat in Rom verlieh dem Kaiser im Februar 116 den Siegertitel Parthicus. Doch der Frieden mit den vielen besiegten Völkern im Osten währte nicht sehr lange.
Auch die Stadt Susa im Zagros-Gebirge, etwa 250 km östlich des Tigris, wurde Ende 116 eingenommen. Das Imperium Romanum würde nie wieder so weit nach Osten vordringen.
Daraufhin erreichten Trajans Legionen die Region Charakene am Persischen Golf. Gegenspieler im Krieg waren die parthischen Könige Osroes I. (109–116, 117–129) und Vologases III. (reg. 110 – 147).
Bei der Belagerung der befestigten Karawanenstadt Hatra (bei Mosul, Irak) verfehlte ein Pfeil Trajan nur knapp. Zusätzlich brachen schwere Aufstände in Ägypten, Cyrenaica (Libyien), Zypern und Dakien aus.
Die Belagerung von Hatra scheiterte. Hinzu kamen große Versorgungsprobleme im Nachschub. Trajans Truppen mussten die Gebiete im Norden aufgeben, da mehrere Rebellionen aufflammten.
Die Legionen konnten die Lage mühsam stabilisieren. Trajan erkrankte, plante jedoch bereits neue Strategien, damit Mesopotamien unter römischer Kontrolle verbleiben konnte. Der Krieg endete als Patt.
Textauszug: Der Feldzug in den Osten scheitert
Ich sah zu, wie sie aufbrachen, Trajan zu Pferde, die Frauen in Sänften, die Prätorianergarde und die numidischen Spähtrupps. Das Heer setzte sich in Marsch, der Parther-Krieg hatte begonnen. Die ersten Meldungen waren überwältigend: Babylon eingenommen, Tigris überschritten, Ctesiphon gefallen. Der Kaiser schiffte sich nach Charax ein, tief im Persichen Golf … Doch mit einem Schlag flammte der Feuerbrand im Orient lichterloh auf … Mir gelang es die Ordnung in Syrien aufrechtzuerhalten. Der Kaiser, der von Babylon herbeigeeilt kam, beauftragte die aufständischen Städte Kyrene, Edessa und Seleukia zu züchtigen … Plötzlich befand sich Trajan inmitten eines ungeheuren Schlachtfeldes, das es nach alles Seiten zu behaupten galt. Er verlor die Belagerung von Hatra, einem uneinnehmbaren Felsennest in der Wüste, das uns tausend Tote kostete. Trajans persönlicher Mut wurde zum strategischen Starrsinn: Er gestattete nicht, dass irgend etwas aufgegeben wurde. Ich wusste von Plotina, dass sich Trajan weigerte, ungeachtet eines warnenden Schlaganfalls, seinen Nachfolger zu benennen. Sollte der Kaiser in Asien sterben, konnte zum Krieg noch das Unheil eines Bürgerkrieges kommen … Alle Sorgen des Reiches stürmten auf mich ein … Ich wollte an die Macht, um meine Pläne durchzusetzen, meine Mittel auszuprobieren und Frieden zu schließen. Ich wollte sie vor allem, um ehe ich sterbe, der sein zu können der ich bin.“
Aus der fiktiven Hadrian-Biografie „Ich zähmte die Wölfin“ von Marguerite Yourcenar
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Hadrian wird Oberbefehlshaber in Syrien
Hadrian wurde von Trajan 116 zum Statthalter von Syrien ernannt. Als Gouverneur (Legatus augusti pro praetore) erhielt Hadrian damit das Oberkommando über die Legionen im Osten.
Dieses mächtige und angesehene Amt als Gesandter des Kaisers in der Provinz Syrien war für Hadrian außerordentlich wichtig. Denn diese Position begünstigte seinen angestrebten Weg zum Principat.
Als Legatus augusti war Hadrian in der Provinz Syrien der Oberbefehshaber sämtlicher Legionen und Hilfstruppen, sowie Leiter der Provinzverwaltung und oberster Justizbeamter.
Über Antiochia am Orontes liefen sämtliche Nachschubwege zur Versorgung der Legionen. In der Provinz befanden sich während des Parther-Feldzugs die meisten römischen Soldaten des Imperiums.
Trotz der rasanten Karriere von Hadrian war es dennoch keinesfalls sicher, dass er schließlich auch der Nachfolger von Trajan sein würde. Hadrians größte Befürworterin blieb Trajans Ehefrau Plotina.
Kaiser Trajans Gesundheit verschlechterte sich rapide und zwang ihn Anfang 117 nach Rom zurückzukehren. Schon auf der Rückreise litt er unter Kreislaufstörungen und Wassersucht (Ödeme).
Quellen: Kaiser Hadrian – Seine Politik- und Militärkarriere zum Prinzipat
- Gruner + Jahr Verlag, GEO Epoche, Das Magazin für Geschichte, Rom – Die Geschichte des Kaiserreichs, Ausgabe 54/2012, 173 Seiten.
- Universitätsverlag Göttingen, Kriegsherr und Reisekaiser? Eine vergleichende Studie zur Baupolitik der Kaiser Traian und Hadrian, von Tina Wellhausen, 325 Seiten, 1. Auflage, 2018.
- Vandenhoeck & Ruprecht, Religion und Erinnerung: Die Religionspolitik Kaiser Hadrians und ihre Rezeption in der antiken Literatur, von Peter Kuhlmann, 296 Seiten, 1. Auflage, 2002.
- Habelt Verlag, Hadrian: Eine Deutungsgeschichte, von Susanne Mortensen, 376 Seiten, 1. Auflage, 2004, (Überblick der Hadrianforschung).
- Routledge & CRC Press, Hadrian: The Restless Emperor (englischsprachige Biographie), von
- Karl-Franzens-Universität Graz, Die Frauen der Adoptivkaiser, von Stefanie Kirchleitner, Diplomarbeit, Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, 2008/09.
- Website von Bill Thayer (englisch): Cassius Dio, Römische Geschichte, Buch LXIX (69).
- Nachschlagewerk von Peter Lichtenberger zum römischen Reich: Imperiumromanum.com
- Geschichts- und Reiseblog über Hadrian von Carole Raddato (englisch): Followinghadrian.com
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Unsere Buchtipps
- Verlag de Gruyter, Bibliothek der alten Welt, Cassius Dio, Römische Geschichte, 5 Bände im Schuber, 2299 Seiten, von Cassius Dio und Otto Veh (Herausgeber), 2. Auflage, 2012.
- Theiss Verlag, Hadrian: Machtmensch und Mäzen, von Thorsten Opper, 256 Seiten, 1. Auflage, 2009. Begleitband zur Ausstellung „Hadrian: Emperor and Conflict“ im British Museum London, 2008.
- Gruner + Jahr Verlag, GEO Epoche, Das Magazin für Geschichte, Rom – Die Geschichte des Kaiserreichs, Ausgabe 54/2012, 173 Seiten.
- dtv-Verlag, Ich zähmte die Wölfin. Die Erinnerungen des Kaisers Hadrian, von Marguerite Yourcenar, Übersetzung Fritz Jaffé, 336 Seiten, 22. Auflage, 2006.
- Zabern Verlag, Des Kaisers neue Bauten: Hadrians Architektur in Rom, Athen und Tivoli, Bildband von Heiner Knell, 128 Seiten, 1. Auflage 2008.
- Routledge & CRC Press, Hadrian: The Restless Emperor (englischsprachige Biographie), von
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Kaiser Hadrian: Seine Politik- und Militärkarriere zum Prinzipat